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AutorenbildFrederick King

3 Prinzipien moderner Mitarbeiterführung, die Projektmanager vom Militär lernen können

Aktualisiert: 16. Feb. 2023

Bevor ich auf die drei Prinzipien eingehe, möchte ich eines vorweg klarstellen. Es ist egal, was du vom Militär im Allgemeinen und der Bundeswehr im Speziellen denkst. In diesem Artikel geht es um moderne Mitarbeiterführung und Führungsprinzipien. Vielleicht bist du gerade irritiert:


„Moderne Mitarbeiterführung und Militärführung“? Widerspricht sich das nicht?


Meine klare Antwort ist „Nein!“.


Und ich erkläre dir im Laufe des Artikels warum. Vielleicht kann ich deine Meinung ändern?



Die Bundeswehr unterscheidet sich in seiner Militärführung deutlich von den Bildern, die du vielleicht von der US-Armee oder anderen Armeen im Kopf hast. Und damit sind wir schon beim ersten Führungsprinzip:


1. „Führen mit Auftrag“ (auch Auftragstaktik genannt)

Während die Bundeswehr und das israelische Militär auf die Auftragstaktik setzen, setzen die USA und Großbritannien auf die Befehlstaktik. Wenn der Soldat seinen Befehl bei der Befehlstaktik nicht genauso ausführen kann, wie dieser vorgegeben wurde, muss er Rücksprache mit seinem Vorgesetzten halten. Im zivilen Leben nennen wir das Micro-Management. Jeder Schritt wird überwacht und muss genau nach Vorgabe durchgeführt werden.


Bei der Bundeswehr gibt es die Auftragstaktik. Die Soldaten werden mit klar strukturieren Aufträgen und Zielen geführt und erhalten dazu eine linke und eine rechte Grenze (beispielsweise das humanitäre Völkerrecht und unsere Gesetze). Die Soldaten wissen also ganz genau, was sie dürfen und worauf sie zu achten haben. Trifft der Soldat auf ein Hindernis muss er keine Rücksprache mit seinem Vorgesetzten halten, ob er links- oder rechtsherum fahren darf. Er versucht den Auftrag im Sinne seines Auftrags umzusetzen. Es handelt sich also um eine Methode der Mitarbeiterführung (und nicht um eine Taktik).


Ins Projektmanagement übersetzt, bedeutet das: Der Vorgesetzte gibt seinem Mitarbeiter einen klaren Auftrag mit einem Ziel. Dazu erhält der Mitarbeiter eine Zeitvorgabe und die benötigten Ressourcen. Der Vorgesetzte vertraut seinem Mitarbeiter und verfällt nicht ins Micro-Management. Der Mitarbeiter ist weitgehend frei in der Entscheidung über die Art der Ausführung.


Analog kann dies im Projektmanagement vom Projektmanager eingesetzt werden. Alle Projektbeteiligten müssen die Projektziele, die Projektaufgaben, den Projektumfang und die weiteren Vorgaben kennen, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Zudem benötigen Sie alle Ressourcen, um ihre Aufgaben zu erfüllen.


Während der Ausübung der Aufgaben arbeiten die Projektmitarbeiter autark und selbstständig. Erst wenn Sie auf ein Hindernis stoßen, sodass sie nicht mehr ihren Auftrag durchführen oder das Ziel erreichen können, folgt das zweite Prinzip.


2. Melden macht frei: Eskalation von Entscheidungen

Wenn ein Mitarbeiter ein Problem hat und keine Lösung dazu findet, informiert er seine Führungskraft davon. Naturgemäß delegiert er das Problem nach oben, weil er selbst nicht mehr weiterkommt oder diese Entscheidung nicht treffen darf oder kann (bspw. aufgrund von Budgetvorgaben). Danach liegt die Verantwortung nicht mehr beim Mitarbeiter sondern beim Vorgesetzten.


In dieser Form funktioniert die Hierarchie, da Probleme an die nächste Führungskraft mit mehr Verantwortung delegiert wird. Diese hat mehr Entscheidungsbefugnisse und kann die Entscheidung treffen oder selbst nach oben delegieren, wenn dessen Befugnisse dafür auch nicht ausreichen. In der Folge kommen schnelle Entscheidungen zustande. Lange Gremientermine werden so im Idealfall vermieden.


Vorausgesetzt ist natürlich, dass die Organisation funktioniert und der Entscheider entscheiden kann und will. Zu oft habe ich in der Praxis das Gegenteil erlebt, indem schwache Führungskräfte gefolgt von einer Entourage von zwei bis vier Mitarbeitern in ein Meeting kommen, weil sie Angst haben, allein etwas zu entscheiden. Leider erlebe ich das immer häufiger in der Praxis: Meetings und Gremien werden künstlich aufgebläht. In der Folge wird die Verantwortung nämlich auf viele Schultern verteilt und Entscheidungen verzögern sich.


Dennoch funktioniert das Führungsprinzip bei der Bundeswehr sehr gut. Insbesondere, weil das Führungsprinzip inoffiziell „Melden macht frei und belastet Vorgesetzte“ heißt. Wenn der oder die Vorgesetzte also von dem Sachverhalt weiß, ist der Soldat entlastet. Daher ist es im eigenen Interesse des Soldaten möglichst frühzeitig auf Missstände, Risiken und Lageänderungen hinzuweisen.


Auch in der Zivilwirtschaft kann das Führungsprinzip funktionieren, wenn Vertrauen zwischen beiden Parteien besteht. Leider ist das aufgrund schlechter Unternehmenskulturen, mangelnder Transparenz und Kommunikation heute nur noch selten der Fall bei großen Unternehmen.

Oftmals herrscht das Prinzip der Angst oder Konsequenzlosigkeit. Beim Ersteren sagen die Mitarbeiter nichts, weil sie Angst vor den Konsequenzen haben. Beim Letzterem sagen die Mitarbeiter nichts, weil sie wissen, dass sich sowieso nichts verändern wird. Da halten sie lieber die Füße still und warten bis der Sturm vorübergezogen ist. Dies führt uns auch zum dritten Führungsprinzip beim Militär.


3. Führen durch Vorbild

Die militärische Führungskraft wird angehalten sich so zu verhalten, wie sie es auch von den Soldaten erwartet. Während viele an eine Selbstverständlichkeit denken, ist dies leider nicht immer der Fall.


Auch ich habe Führungskräfte kennengelernt, die „A“ sagen und „B“ machen. Mitarbeiter verlieren in dem Fall schnell das Vertrauen. Schlussendlich wird es zum Teufelskreis, der ganze Teams und sogar Abteilungen vergiften kann, wenn alle nur noch „B“ machen, weil es von oben vorgelebt wird.


In der Konsequenz fällt in dem Fall auch das erste und zweite Führungsprinzip, da kein Vertrauen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter mehr besteht. Schlussendlich entwickelt es sich zu einem Teufelskreis, der in einer Unternehmenskultur endet, in der keiner von uns arbeiten will. Schlussendlich ist das einer der Hauptgründe, weshalb Mitarbeiter Unternehmen wechseln, auch wenn nicht mehr monetäre Anreize von anderen Unternehmen geboten werden.


Dazu möchte ich noch folgenden Denkanstoß geben: Hierarchien, hierarchische Strukturen und Führung sind nicht per se schlecht oder schlechter als andere Organisations- und Führungsformen. Oftmals liegt es an den Führungskräften, die keine Verantwortung übernehmen, die keine Entscheidungen treffen, die ihre Mitarbeiter nicht unterstützen oder die ins Micro-Management verfallen.


Gerade als Projektmanager besteht hier schnell die Gefahr, die Projektkultur an die Unternehmenskultur anzupassen. Dies hat unweigerlich Auswirkungen auf den Projekterfolg. Daher kann ich jedem Projektmanager nur raten, eine moderne Führung des Projektteams zu berücksichtigen, eine gesunde Projektkultur aufzubauen und notfalls aus dem Teufelskreis schlechter Unternehmenskulturen auszubrechen.


Vielleicht noch folgender Aspekt zum Nachdenken an alle Projektmanager: Wer sein Projekt mit Angst führt, muss sich nicht wundern, wenn Projektrisiken sehr spät gemeldet werden, dass keiner Entscheidungen trifft und keiner freiwillig weitere Projektaufgaben übernimmt. Wer will in solch einem Projekt mehr Verantwortung übernehmen?


Leider messen noch zu viele Unternehmen den Erfolg ihrer Mitarbeiter daran, wer am wenigsten Fehler macht. Wer will da noch Entscheidungen allein oder überhaupt treffen? Wer will noch Risiken eingehen, wenn er selbst davon keinen Vorteil hat?


Eine Projektmanagement Best-Practice zum Schluss: Wenn Du als Projektmanager oder Projektmitarbeiter jemals in deinem Projekt erlebst, dass Entscheidungen nicht getroffen werden, kannst du wie folgt vorgehen:


  1. Zeige der Führungskraft die Konsequenzen auf, was bis wann passieren wird, wenn keine Entscheidung getroffen wird: Welche Konsequenzen hat das auf dein Projekt in Bezug auf Zeit, Qualität und Budget?

  2. Falls du dir bereits vor einem Projektlenkungsausschuss sicher bist, dass dort keine Entscheidung getroffen wird, kannst du entsprechende Folien für den Anhang vorbereiten (und notfalls ad hoc präsentieren).

  3. Dokumentiere deine Einwände und die Konsequenzen entsprechend: 3a) In einem Lenkungsausschuss vermerkst du dies im Protokoll bzw. achtest darauf, dass dies unbedingt dokumentiert ist. 3b) In meinem E-Mail-Postfach habe ich immer ein „CMA“-Ordner, also einen „Cover my Ass“-Ordner, indem ich E-Mails speichere, in denen ich den Kunden auf die Konsequenzen hingewiesen habe und ggf. auch seine Antwort.


Du merkst dir:


Ansprechen, Konsequenzen aufzeigen und dokumentieren.


So schützt du dich als Projektmanager und dein Projektteam vor der Unfähigkeit deiner Vorgesetzten und Führungskräfte. Es ist deine Aufgabe als Projektmanager dein Projektteam und dich vor der Inkompetenz von Dritten zu schützen.


Ich bin kein großer Freund davon mit dem Finger auf andere zu zeigen. Gleichzeitig bin ich aber gar kein Freund davon, wenn Menschen ihrer Arbeit nicht nachkommen. Führungskräfte haben sich dazu entschieden Führungskräfte zu sein. Für das Mehr an Verantwortung werden sie entsprechend bezahlt. Daher dürfen sie auch diese Verantwortung schultern und übernehmen.


Erfolgt nach der Dokumentation lange nichts mehr, kann es sein, dass sich das Projektrisiko auf weitere Bereiche ausdehnt oder das Projekt pausiert werden muss. Da dies oft mit finanziellen Folgen verbunden ist, kannst du auf einem Zeitstrahl aufzeigen, welche finanziellen Auswirkungen dies auf lange Sicht hat. Da der Bonus des Vorgesetzten dadurch betroffen sein kann, zwingt sie das vielleicht zu einer Entscheidung.


Falls auch das nicht hilft, gibt es noch eine Möglichkeit, von der ich dir abrate, wenn du ein interner Mitarbeiter bist. Als externer Berater kannst du die Hierarchieebene überspringen und dessen Vorgesetzten auf die Missstände im Projekt aufmerksam machen. Natürlich sachlich und mittels Daten und Fakten.


Warum ich internen Mitarbeitern generell davon abrate? Du zeigst mit dem Finger der Inkompetenz auf deinen Vorgesetzten. Daher kann das immer Nachteile für deine berufliche Karriere mit sich bringen. Meistens hilft dann nur Ruhe bewahren und Füße stillhalten. Leider.


Was denkst du? Inwieweit sind das moderne Prinzipien der Mitarbeiterführung?

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